About Antville.org 🐜
Montag, 16. Januar 2012

Wir sagen Nein zu Internetsperren

Anmerkung: Vielen Dank an den großartigen Antville-Freund, der uns diesen Text freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

Die US-amerikanische Medienindustrie will verhindern, dass über das Internet unlizenzierte Kopien von Mediendateien verbreitet werden, an denen sie die Rechte hält. Während sie in den USA bereits dafür sorgen kann, dass das Ministerium für Heimatschutz ohne richterlichen Beschluss Domains beschlagnahmen kann, die in den USA verwaltet werden, möchte sie nun in einem zweiten Schritt eine ähnliche Prozedur gesetzlich verankern, mit der sich jede Domain auf ihren Zuruf hin sperren lässt.

Um dies zu erreichen, hat die Medienindustrie dafür gesorgt, dass ihr gewogene Politiker zwei Gesetzesvorschläge im US-Kongress einbringen: Den Stop Online Piracy Act (SOPA) im Repräsentantenhaus und den PROTECT IP Act (PIPA) im Senat. Beide Gesetzesentwürfe werden derzeit intensiv verhandelt und es kann sich noch viel an ihnen ändern.

SOPA und PIPA würden dafür sorgen, dass die Medienindustrie und das US-Justizministerium per Einstweiliger Verfügung Websites in den USA sperren lassen können, die unlizenzierte Inhalte bzw. Software verbreiten oder gefälschte Waren zum Kauf anbieten. Die Provider müssten dann diese Websites über Eingriffe ins DNS, das "Telefonbuch" des Netzes, sperren. Außerdem müssten Suchmaschinenbetreiber Referenzen auf diese Sites entfernen und Zahlungsdienstleister wie Visa, Mastercard oder PayPal dürften keine Geschäfte mehr mit ihnen machen. Außerdem würden die Betreiber von Plattformen mit Nutzerbeteiligung ihren Rechtsschutz als neutrale Diensteanbieter verlieren, wenn sie nicht von sich aus ausreichend effiziente Mechanismen einsetzen, die unlizenzierte Inhalte identifizieren und löschen können.

Die DNS-Sperren sind laut einer Mitteilung der US-Bürgerrechtsorganisation EFF vom 13. Januar aus dem SOPA-Entwurf entfernt worden. Damit ist zwar der für die Internet-Infrastruktur mit Abstand schädlichste Teil gestrichen, aber die restlichen Bestimmungen haben immer noch massive negative Auswirkungen auch auf Nutzer und Unternehmen in Europa. So wäre es für ein kleineres Unternehmen außerhalb der USA wohl kaum möglich, innerhalb der geforderten kurzen Frist von zehn Tagen auf die Beschwerde der US-Behörden formal korrekt zu reagieren. US-Unternehmen könnten auf diesem Weg problemlos lästige Konkurrenz verdrängen, denn die wichtigsten Zahlungsdienstleister sitzen nun einmal in den USA. So gesehen sind die Bestimmungen für die Finanzindustrie in SOPA wesentlich gefährlicher als die DNS-Sperren.

Dass den USA dabei die Gesetze von EU-Staaten egal sind, zeigt der Fall, in dem die US-Behörden die in den Vereinigten Staaten verwalteten Domains der spanischen Sportvideo-Website rojadirecta <a href"www.edri.org">konfiszierten, obwohl deren Angebot nach spanischem Recht legal war.

SOPA enthält auch einen ganzen Abschnitt, der US-Botschaften und den US-Handelsbeauftragten darauf verpflichtet, die restriktiven Vorstellungen von Copyright-Schutz mit maximaler Aggressivität weltweit durchzusetzen, sprich: schwache Länder dazu zu zwingen, entsprechende Internetzensurmaßnahmen einzuführen. So übten die USA jahrelang massiven wirtschaftlichen Druck auf die spanische Regierung aus, ein Internetsperrgesetz einzuführen (Ley Sinde). Dies gelang nach der Abwahl von Luis Zapatero. SOPA würde diese Vorgehensweise in ein Gesetz gießen, was den Handlungsspielraum künftiger US-Regierungen massiv einschränken würde.

SOPA hätte auch ohne die DNS-Sperren massive negative Auswirkungen auf die Ausübung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit sowie auf die freie Berichterstattung. Großkonzerne und Psychosekten können damit Kritiker unter Berufung auf das Copyright schnell und effizient zum Schweigen bringen — mit voller Unterstützung durch den Staatsapparat der USA. Wir schließen uns daher dem internationalen Protest gegen SOPA und PIPA an.

Sie sind nicht angemeldet